Liebe und andere Reisen

aus Stuttgarter Nachrichten vom 06.02.2008

 

DIE TÜBINGER LYRIKERIN EVA CHRISTINA ZELLER ÜBER LIEBE, SCHLAGER UND DEUTSCHE EIGENARTEN
"Sehnsucht ist unsere Muttersprache"

Aussteigen aus der Zeit, Vergängliches preisen, Aufbrechen zu neuen Ufern, Ankommen, Abschiednehmen, Verdichten. Das Glück ist fragil, man erfährt davon in "Liebe und andere Reisen", so ist der kürzlich erschienene Lyrikband von Eva Christina Zeller betitelt.

"Liebesgedichte zu schreiben ist ein Wagnis", sagt die Autorin, "sie liegen auf dem Literaturmarkt herum wie Sand am Meer." Manchmal, glaubt sie, verkämen sie fast zum Schlager. "will mich binden an dich, an federn / will fliegen mit dir, im traum / so viel sonne gleißend über mir / es tropft hinab in die fluten / winkst von unten herauf / vom hof mit weib und kind / stürze schon es rauscht im ohr / das meer glänzt hart". Zeilen aus "Liebe und andere Reisen". Zellers Lyrik taugt nicht zum Schlager.

Walter Jens hat ihre Poesie mit der von Ingeborg Bachmann verglichen. Die Dichterin selbst nennt Hölderlin ("so viel poetischer Raum") und Rilke ("so viel Musik und Rhythmus"), wird sie nach nicht mehr lebenden schätzenswerten Dichtern gefragt. Fast zwei Jahrzehnte lang war es still um die heute 47 Jahre alte Wahl-Tübingerin, die 1989 schon als Thaddäus-Troll-Preisträgerin geehrt wurde und mehrere Stipendien erhielt. In jungen Jahren gefeiert und gefördert zu werden, kann Missgunst erregen. "Eine junge aufstrebende Autorin war nach einer Vernichtungsoffensive zur Persona non grata geworden, diese Autorin war ich." Eva Christina Zeller versucht Distanz herzustellen, sie spricht leise und möchte lieber schweigen über Erfahrungen mit dem Literaturbetrieb.

Zeller arbeitete als Rundfunkjournalistin, brachte zwei Töchter zur Welt. Und hat weiter geschrieben. 2002 erschien ein Lyrikband mit dem Titel "Stiftsgarten, Tübingen". 2006 hob sie mit einem schmalen Gedichtband Mütter ins Rampenlicht der Lyrik. Ein Thema, sagt die Dichterin, das niemanden interessiere.

Überhaupt, die Lyrik. "Es gibt Länder wie Polen, Georgien, ja fast den ganzen Osten, in denen hat die Lyrik traditionell einen hohen Stellenwert", hat Zeller auf Reisen erfahren und auf Lesetourneen mit dem Goethe-Institut. In Deutschland hingegen habe sich die Poesie nach der Romantik freiwillig ins Abseits gestellt. "Wir sind überlebende / nachgeboren in provisorischen kammern / sehnsucht ist unsere muttersprache / suchen die welt ab nach wörtern / auf dem grundton / mutterseelenallein" ("Liebe und andere Reisen") hat die Lyrikerin ihre Suche in sprachlich-ryhthmische Bilder gefasst.

Die Welt und die Wörter, die Liebe und das Reisen: "Alles Ankommen ist immer nur momenthaft", sagt Eva Christina Zeller; kluge Worte. Brigitte Jähnigen

 

"Liebe und andere Reisen" sowie "Stiftsgarten, Tübingen" sind im Tübinger Verlag Klöpfer & Meyer erschienen, "Mütter" in der Edition Ebersbach, Berlin.